Vom Apfel zur Einkaufstüte

 

Vorbemerkung:

 

Der hier skizzierte Unterrichtsgang ist in mehreren Jahren gewachsen als Einstieg in die Organische Chemie unter gleichzeitiger Wiederholung wichtiger Kapitel aus der allgemeinen Chemie. Daher ist dieser Weg zu Beginn der Oberstufe des Gymnasiums platziert und bietet allen Quereinsteigern von anderen Schul(form)en einen schönen (neuen) Zugang zur Chemie. Gleichzeitig wird ein "lebensnaher Stoff" Alkohol hergestellt und fachwissenschaftlich untersucht.

Da an nicht allen Schulen in den verschiedenen Bundesländern die gleichen Voraussetzungen bzw. Hauscurricula vorhanden sind, um genau den gleichen Weg zu gehen, muss eventuell die eine oder andere Passage (s.u.) abgeändert werden.

 

Als zusätzliche Hilfe zu dem didaktischen Vorschlag finden sich über der Darstellung Links zu Hilfen wie Videoclips oder Arbeitsblättern.

 

Inhalt

Bedeutung der Abkürzungen:   LV Lehrerversuch,     SV Schülerversuch,    IB Informationsblatt,        AB Arbeitsblatt,
                                                       HA Hausaufgabe,       Vi Videofilm,               Co Computerprogramm,  Hy App für Handy

 

 

 

LV

SV

IB

AB

HA

Vi

Co

Hy

1

Chemie kurz und bündig (wird eingestreut)

 

 

+

+

 

+

+

+

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

2

Herstellung des "Alkohols"

 

 

 

 

 

 

 

 

2.1

Herstellen von Apfelwein

 

+

 

 

 

 

 

 

2.2

Einfacher Gäransatz

 

+

 

 

 

 

 

 

3

Destillation

 

 

 

 

 

 

 

 

3.1

Destillation im Steigrohr

 

+

 

 

 

 

 

 

3.2

Destillation

 

+

 

 

 

 

 

 

3.3

Fraktionierte Destillation

+

 

 

 

 

 

 

 

4

Qualitative Analyse des Alkohols

 

 

 

 

 

 

 

 

4.1

Qualitative Analyse

+

+

 

 

 

 

 

 

4.2

Qualitative Analyse, vereinfacht nur C und H

+

+

 

 

 

 

 

 

5

Molmasse / Elementaranalyse

 

+

 

 

 

 

 

 

5.1

Molmassebestimmung nach Schüttel-Meyer 

 

+

 

 

 

 

 

 

5.2

Exkurs: Massenspektroskopie

 

 

+

 

 

 

 

 

5.3

Vereinfachte quantitative Elementaranalyse (C) 

+

+

 

 

 

 

 

 

6.

Die Formel von Alkohol

 

 

 

 

 

 

 

 

6.1

Strukturformeln für C2H6O mit Chemiebaukasten

 

 

 

 

 

 

+

 

6.2

Exkurs: NMR Spektroskopie

 

 

+

 

 

 

 

 

7

Reaktionen des Alkohols

 

 

 

 

 

 

 

 

7.1

Dehydratisierung von Ethanol (Variante oben S. 4)

+

+

 

 

 

 

 

 

7.2

Eigenschaften und Reaktionsstern von Ethen

 

 

+

 

 

 

+

 

7.3

Herstellen von Polystyrol statt Polyethen

+

 

 

 

 

 

 

 

 

Aus Schüleraufzeichnungen (überarbeitet und mit Links versehen)

 

Der Lehrer: "Nun seid Ihr in der nächsten Stufe, kommt aus verschiedenen Klassen, sogar von verschiedenen Schulen und sollt auf einen Wissenstand gebracht werden. Dazu werden wir immer wieder Wiederholungen mit Arbeitsblättern und Computerprogrammen einbauen" (wird hier nicht weiter beschrieben - Unterrichtsreihe U31 Chemie kurz und bündig).

 

Alkohol - ein Stoff aus dem Alltag

"Wahrscheinlich habt Ihr noch nie 'Alkohol' oder besser 'Ethanol', wie wir aus der organischen Chemie wissen, gesehen. Wir werden ihn selbst herstellen, zu einem Reinstoff verarbeiten und diesen untersuchen. Schließlich werden wir einige Reaktionen kennen lernen. Natürlich werden wir ihn in geeigneter Form auf einem Kurstreffen außerhalb der Schule auch verköstigen".


 

 

2 Herstellen des Alkohols - Alkoholische Gärung

Alkohol kann durch alkoholische Gärung hergestellt werden. Relativ viele Schüler haben Apfelbäume zu Hause- Also wollen wir zunächst Apfelwein herstellen. Wir besorgen die Äpfel - unser Lehrer eine Obstmühle und eine Obstpresse. Er hat gute Beziehungen zu einer Mosterei ("Saftladen") in der Nähe. Trotz der Riesenpanscherei: Der Chemieraum war noch nie so sauber!

 

2.1

Alkoholische Gärung Apfelwein bzw. 2.2 Gärung im Labor


L00b

Apfel-wein

L00a

Labor-ansatz

 

 

Ergebnis:

Durch alkoholische Gärung lässt sich eine trübe Alkohollösung herstellen

 

Das, was bei der Gärung entsteht, ist leicht trübe und schmeckt fruchtig - ist es auch Alkohol? Das soll durch eine "Brennprobe" geprüft werden. Wir brauchen für die weiteren Analysen den Reinstoff. Also werden wir zu Schwarzbrennern (Das stimmt nicht, denn mit "Brenngeräten unter 0,5 L Rauminhalt" darf man Alkohol destillieren).

 

3. Destillation des Gäransatzes

 

 

3.1

Alkoholanreicherung (Steigrohr)/3.2 Destillation/3.3 Fraktionierte Destillation (Rotwein)

L00D

Steig-rohr

G14

FilmG14

Ergebnis:

Durch Destillation kann (fast) reiner Alkohol hergestellt werden.

 

Endlich haben wir eine reine, leicht bewegliche klare Flüssigkeit, die bei 78,2 °C siedet, erhalten.

 

Wir müssen nun ermitteln, welche Elemente im Alkohol enthalten sind. Das geschieht mit der qualitativen Elementaranalyse.

Bei der organischen qualitativen Analyse wird auf die Elemente C, H, O, N, P,S und die Halogene untersucht.


 

 

4. Qualitative Analyse des Alkohols

 (Die Analysen auf "C" und "H" gehen besonders einfach und sind im Arbeitsblatt L01a beschrieben.)

 

 

4.1

Qualitative organische Elementaranalyse von Alkohol / 4.2 nur auf "C" und "H"


L01


L01b

Analyse nur auf C

und H

Film L01a

Analyse

analog

Ergebnis:

Im Alkohol sind nur die Elemente C, H und O enthalten.

Die Summenformel ist also CxHyOz

 

5 Die molare Masse

 

Wir müssen also herausbekommen, wie groß die Indices x, y und z sind. Gehen wir einmal davon aus, dass alle Indices 1 sind. So gelangen wir zur hypothetischen Formel C1H1O1. Aus den Überlegungen zur Bindungslehre kann es den Stoff gar nicht geben. Nach dieser hypothetischen Formel hat Alkohol die "Mindestmolmasse" von (12+1+16) g/mol also 29 g/mol.

Was liegt somit näher als die wirkliche molare Masse zu bestimmen?

Dazu lassen wir eine gewisse Menge Alkohol verdampfen und können aus dem entstandenen Volumen nach Avogadro die Anzahl der verdampften Teilchen berechnen.

 

 

5.1

Bestimmung der molaren Masse frei nach Victor Meyer

L07A

Best. der molaren

Masse

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

Ergebnis:

Die molare Masse von Alkohol beträgt ca. 46 g/mol.

 


 

5.2 Exkurs: Das Massenspektrometer - Professionelle Bestimmung von molaren Massen

 

Natürlich drängt sich die Frage auf: "Machen die Chemiker in Ihren Laboren das genauso?"

Die Antwort ist: "Nein, sie benutzen moderne spektroskopische Methoden". Zur Bestimmung der molaren Masse benutzen sie ein sogenanntes Massenspektrometer. Hier können wir auf die Materialienband III des Arbeitskreises  Kappenberg zurückgreifen. Wir lernen die genaueste "Molekülwaage" der Welt kennen und erfahren, dass man mit der Massenspektrometrie nicht nur molare Massen exakt bestimmen, sondern durch Analyse der Fragmentionen auch meist schon die Struktur des Stoffes ermitteln kann. Insbesondere in Kombination mit der  Chromatographie - durch die sog. GC-MS-Kopplung - kann man winzigste Spuren von Stoffen nachweisen z.B. bei Dopingsündern.

 

5.2

Massenspektrometrie

MS- Einfüh-rung

 

 

MS-Tabelle

MS-Übung

 

 

 

 

älterer Film

vom FCI

 

Die Bestimmung der molaren Masse ist ganz gut. Das Deuten und Zuordnen den Fragmentbruchstücke ist für die Schule eher zu schwer.

 

Nun aber weiter mit der Formel von Alkohol:

 

Mit dem Ergebnis aus 5.1 ergibt sich zur "Mindestmolmasse"  von 29 g/mol eine Differenz 17 g/mol. Die könnte gebildet werden von:

1.       1 O und 1 H  (16 +1) g/mol

2.       1 C und 5 H   (12+5) g/mol

3.       11 H                (17) g/mol

Der Fall 3 scheidet aus, da Wasserstoff nur einbindig ist, und damit kein zusammenhängendes Molekül konstruiert werden kann.

Es bleiben also nur zwei mögliche Summenformeln (C1H1O1 +H1+ O1  oder C1H1O1 + C1+H5   ) übrig:    

                 aus 1.   CH2O2

                 aus 2    C2H6O

Die beiden Formeln unterscheiden sich z.B. in ihrem Kohlenstoffanteil (K. Gehalt), den man durch eine quantitative C-Analyse bestimmen kann.

Der Massenanteil berechnet sich  w(Element) = (molare Masse(Element) / molare Masse (Stoff))*100%

 

für CH2O2               w(C) =       12 g/mol / 46 g/mol * 100%          = 26,085 %

für C2H6O               w(C) =  2*12 g/mol /46 g/mol * 100%          = 52,170 %

 

Zur Gehaltsbestimmung wird eine gewisse Menge der Substanz mit Kupferoxid als "festem Sauerstoffspender" umgesetzt und das entstehende Volumen an Kohlenstoffdioxid bestimmt.

 

Merke: Misst man bei chemischen Reaktionen Volumina von Gasen, dann kann man die Volumina

              der an der Reaktion beteiligten festen und flüssigen  Stoffe vernachlässigen.

 

5.3

Quantitative Kohlenstoffanalyse

L04

 

 

Ergebnis:

Der Gehalt an Kohlenstoff im Alkohol beträgt ca. 52%.

 

 

Damit steht die (Summen-) Formel für Alkohol fest:    C2H6O

 

Nun müssen wir aber noch den räumlichen Aufbau hinbekommen.

Dazu lässt uns der Lehrer am Computer mit dem Programm AK Chemie Baukasten "spielen".

 

6.1

Arbeit mit dem AK Chemiebaukasten (Aufgabe 33: C2H6O)

X301

 

Lösung 1 mit dem AK Chemie Baukasten

 

 

Lösung 2 mit dem AK Chemie Baukasten

Ergebnis:

Es existieren für C2H6 nur zwei mögliche Strukturformeln

 

Es gibt einen Versuch durch Umsetzung des Stoffes mit Natrium - aber unser Lehrer behauptet, er sei nicht signifikant. Also müssen wir es über die Eigenschaften versuchen

 

Durch den Vergleich der Eigenschaften: Siedepunkte, Löslichkeit in Wasser (Polarität), etc. kann man schließen, dass die richtige Strukturformel so aussieht: 

 


 

6.2 Exkurs: NMR-Spektrometer -professionelle Strukturaufklärung

Hier bietet sich ein Ausflug in die leistungsfähigste  der modernen spektroskopischen Methoden zur Strukturaufklärung an: zur NMR-Spektroskopie. Durch ihre Leistungsfähigkeit hat sie die Infrarotspektroskopie längst abgelöst.

Fast immer lässt sich eine Struktur auf Grund der sogenannten "Chemischen Verschiebung" bzw. der "Spin-Spin-Kopplung" eindeutig ermitteln. Das geht mit der 1H- bzw. der 13C-NMR-Spektren.

 

6.2

NMR Spektroskopie

Info-blatt

 

 

NMR-Tabellen


NMR-

Übung

 

 

 

älterer Film

vom FCI

 

Anmerkung des Autors:

Auch wenn die theoretischen Hintergründe der Methoden und Arbeitstechniken sehr komplex sind, lässt sich dieser Stoff durchaus mit Schülern der Klassen 9 oder 10 bearbeiten. Es wurde immer wieder festgestellt, dass sich die Schüler durch die Aufgaben wie bei einem Puzzle oder Sudoku durchgebissen haben:

Es ist die einzige Unterrichtssequenz, in der die Schüler freiwillig um mehr Hausaufgaben gebettelt haben: "Haben Sie noch mehr von den spannenden Problemen?"


 

 

7 Reaktionen des Alkohols

 

Es gibt viele Reaktionen der Alkohole, z.B. die Veresterung, die Oxidation zu Essigsäure und ähnliche. Die werden wir noch besprechen. Zunächst soll jedoch eine andere Reaktion im Vordergrund stehen - nämlich eine katalytische Reaktion.

 

7.1

Reaktion von Ethanol am Perlkatalysator und Nachweis von Ethen mit der Gaschromatographie

K16a

Ethen

Die ganze Vielfalt des Ethens sieht man auf dem Reaktions-stern.

Ergebnis:

Bei der Dehydratisierung von Ethanol am Perlkatalysator entsteht Ethen.

 

Das entstehende Gas kann viele Reaktionen eingehen, z.B. lässt sich durch Hydrieren am Palladium-Katalysator Ethan herstellen und dies gaschromatografisch nachweisen.

 

PE ist Ausgangsstoff für viele Synthesen - insbesondere die Polymerisation von vielen einzelnen Ethenmolekülen mit Doppelbindung zu langen Ketten mit Einfachbindungen, den verschiedenen Arten von Polyethen (meist sagt man noch Polyethylen, z.B. Plastiktüten bestehen daraus). Diese Experimente erfordern einen sehr hohen technischen Aufwand und sind in der Schule nicht zu realisieren. Deshalb soll hier die Polymerisation eines Ethens mit einem Substituenten, Phenylethen, besser bekannt als Styrol, durchgeführt werden.

 

7.3

Polymerisation von Styrol     (7.2 Katalytische Hydrierung von Ethen)

 

 

 

 

Fehlt noch

 

 

 

 

K11a

Kataly-tische Hydrie-rung von Ethen

Ergebnis:

Bei der Polymerisation von Styrol entsteht Polystyrol.

 

PS ist zwar kein PE, aber wenigstens andeutungsweise konnte das Ziel erreicht werden.

 

So sind wir vom Apfel durch Experimente (fast) bis zur Einkaufstüte gekommen.